Gott ist mit euch
Die Wirklichkeit begegnet den Menschen freundlich. Davon ist Bischof Dr. Georg Bätzing persönlich überzeugt. In seinem Hirtenwort zur Österlichen Bußzeit 2024 spricht sich der Bischof von Limburg deshalb dafür aus, sich der Wirklichkeit in Kirche und Gesellschaft ehrlich zu stellen und sich von Augenwischerei zu verabschieden. Das Hirtenwort des Bischofs trägt den Titel „Wir haben gehört: Gott ist mit euch – Veränderung in der Kirche leben – ehrlich und zuversichtlich“ und wurde zum ersten Fastensonntag 2024 in den Pfarreien des Bistums bekannt gemacht.
„Die Jahresbilanz mit Blick auf die Zusammenhänge in dieser Welt sehen düster aus“, schreibt der Bischof. Flucht und Vertreibung, Klimakrise, Terror und Krieg und der Tod unzähliger unschuldiger Menschen schockierten viele und dürften nicht einfach hingenommen werden. Auch der Blick auf Entwicklungen in der Kirche stimme nicht hoffnungsvoll. Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) habe den beiden Kirchen in Deutschland ein Bild des anhaltenden Niedergangs bestätigt. Die Kirche habe viele Mitglieder und viel Vertrauen verloren. „Der Mitgliederverlust ist rasant, die gesellschaftliche Bedeutung schwindet. Wenige glauben, dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat“, so der Bischof. Gelebter Glaube außerhalb der Kirchen sei, so die KMU, quasi nicht existent und für die persönliche Lebensführung hätten religiöse Überzeugungen so gut wie keine Bedeutung mehr. Deutschland werde immer säkularer und die Mehrheit der Bevölkerung sei kaum noch religiös ansprechbar. „So massive Abbrüche machen traurig, und wir sollten uns eingestehen: Es gelingt uns schon lange nicht mehr, den Glauben und die Verbundenheit zur Kirche von Generation zu Generation weiterzugeben“, schreibt Bätzing.
Entdeckungsorte göttlicher Spuren
Angesichts dieser Entwicklung stelle sich für viele die Frage, wer schuld an diesen Entwicklungen sei. Diese Frage helfe jedoch nicht weiter. Sie verhindere eher die Suche nach Auswegen und neuen Perspektiven. Sie sei vor allem auch eine Art von Unglauben, denn sie traue Gott nicht zu, den Menschen heute Signale zu geben, die in die Zukunft zeigten. „Wir glauben daran, dass Gott sich in Raum und Zeit unserer Welt gezeigt hat, als Jesus Mensch wurde. Das ist die Wirklichkeit des Glaubens. Und darum ist für mich die Wirklichkeit der Welt auch heute ein Entdeckungsort göttlicher Spuren. Wir dürfen nur die Augen nicht davor verschließen, was um uns herum und zwischen uns und in uns geschieht“, so der Bischof.
Bätzing lädt daher ein, einen zweiten und vertieften Blick auf die Wirklichkeit und die Herausforderungen der Zeit zu wagen. Er plädiert dafür, mit bisherigen Mustern zu brechen und Denkgewohnheiten zu verändern. So zeige die KMU beispielsweise auch, wie schwer es vielen Menschen emotional falle, aus der Kirche auszutreten. Darüber könne man gut ins Gespräch kommen. Die Studie benenne klar auch Erwartungen der Menschen an die Kirche und daraus könnten sich Strategie und Entscheidungen ableiten. Deshalb müsse die Kirche ernstmachen mit ihrem Streben nach Reformen, mit ihrem Einsatz gegen Armut und für Gerechtigkeit, mit ihrem Mühen um mehr Schöpfungsgerechtigkeit und für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge. Auch die Tatsache, dass sich die Hälfte aller Mitglieder der katholischen Kirche ehrenamtlich engagiere, was deutlich mehr als im Durchschnitt der Bevölkerung sei, könne positiv gesehen werden und zu grundlegenden Überlegungen mit Blick auf die Kirchenentwicklung gesehen werden.
Rückzug war noch nie zukunftsträchtig
Bätzing warnt in seinem Hirtenwort davor, sich nur auf binnenkirchliche Vollzüge zu konzentrieren, weil die Relevanz von Kirche in der Gesellschaft schwinde. „Der Rückzug war noch nie wirklich zukunftsträchtig“, so Bätzing. Vielmehr gelte es, die Wirklichkeit wahrzunehmen und nach den Ursprüngen des Glaubens zu suchen. „Die Quellen des Glaubens sprudeln auch heute. Gott ist mit uns, das ist doch die Grunderfahrung von Menschen im Glauben; er geht an unserer Seite. Das motiviert Menschen, selbst aufzubrechen und zu gehen“, so Bätzing. Deshalb sollten Christinnen und Christen selbstlos gläubig leben und darüber reden, was sie motiviert und im Innersten antreibt. Die Kirche sollte den Glauben in all seinen Dimensionen anbieten und mit den Menschen nach Antworten auf ihre Fragen suchen. „Veränderung in der Kirche ist möglich. Es braucht viele, damit sie gelingen kann“, so Bischof Bätzing.
Das Hirtenwort des Bischofs steht hier zum Download bereit. Den Text gibt es auch in einfacher Sprache. Zudem finden sich dort ein Video in Gebärdensprache, eine Audioversion und biblische Impulse für die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Text. Auf Initiative des Rates der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache wird das Hirtenwort des Bischofs bereits seit einiger Zeit in andere Sprachen übersetzt. Auch in diesem Jahr haben die muttersprachlichen Gemeinden des Bistums Limburg für Übersetzungen in zahlreiche Muttersprachen gesorgt, die hier zum Download verfügbar sind.
Gruß zum Hirtenwort
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